„Das Hausboot” gehörte einst Schlager-Star Gunter Gabriel. Die Netflix-Doku zeigt, wie Youtuber Fynn Kliemann und Sänger Olli Schulz das Schiff aufwendig sanieren. Dabei hat das Hausboot eine bewegte DDR-Geschichte, die in der Serie nicht gezeigt wird.

Netflix-Doku Das Hausboot: Darum gehts

Zur Zeit belegt die Netflix-Heimwerkerdoku mit Fynn Kliemann (Kliemannsland) und Sänger Olli Schulz (Podcast Fest & Flauschig) Platz 2 der internen deutschen Charts des Streaminganbieters.

Die vierteilige Serie beginnt damit, dass Kliemann und Schulz das Hausboot kaufen, das einst Country-Star Gunter Gabriel gehörte. Sie planen, daraus einen Meeting-Point für junge Künstler zu machen. Nach kurzer Renovierung soll das Wohnschiff der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen – wie gesagt, so der Plan.

Doch schon bald zeigt sich, dass eine Renovierung nicht ausreicht. Daher beschließen Kliemann und Schulz, das Schiff aufwendig zu sanieren. Dabei kommt es immer wieder zu Rückschlägen, Streits und Glücksmomenten. So ungefähr ist der Plot der Netflix-Serie.

Video: Trailer Netflix-Serie Das Hausboot

Gunter Gabriels Tochter hatte einen großen Wunsch

2017 war Gunter Gabriel 75jährig gestorben. Seine Tochter Yvonne K. übernahm Verantwortung für das Hausboot des Country-Stars – der aber auch 450 000 Euro Schulden hinterlassen haben soll. Ein Jahr nach seinem Tod bot die Tochter das Wohnschiff für 30 000 Euro zum Kauf an.

Auf jeden Fall wird wieder Leben an Bord sein, mit viel Musik und kreativen Ideen

Gunter-Gabriel-Tochter Yvonne K.

Fans und gemeinnützige Vereine meldeten sich, die auch das Erbe des Johnny-Cash-Freundes Gabriel erhalten wollten. Am Ende erhielten Fynn Kliemann und Olli Schulz den Zuschlag. Was die beiden mit dem Hausboot vorhatten, blieb zunächst geheim.

„Auf jeden Fall wird wieder Leben an Bord sein, mit viel Musik und kreativen Ideen”, sagte Yvonne K. damals. Es sei, als ob eine „künstlerische Fackel” weitergegeben wird und der Spirit des Bootes weiterlebt.

Das Hausboot: Seine DDR-Geschichte

Gunter Gabriel hing sehr an seinem Hausboot. 1999 hatte er, der zwischen 1970 und 1984 regelmäßig zwischen DDR und Bundesrepublik „hin und her” pendelete, das eigenwillige Schiff von einem ostdeutschen Ehepaar gekauft.

Im Kohleschiffhafen von Hamburg hatte Gabriel die „Magdeburg“ – so der Name des Bootes – zum ersten Mal gesehen. 23 Meter lang, fünf Meter breit. Es war bereits ein Wohnboot. Die Familie hatte den Kahn 1994 im Originalzustand gekauft und das Boot umgebaut sowie bewohnbar gemacht.

Gunter Gabriel hatte in seinem Hausboot eine große DDR-Fahne hängen. Foto: Screenschot Netflix-Serie „Das Hausboot”

Eigentümer war urspünglich die Binnenreederei Magdeburg. In einer Werft in der späteren sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt war das Wohnschiff 1972 gebaut worden. Später hatten Arbeiter auf dem Pott gewohnt, die auf der Spree mit Ausbaggerungsarbeiten beschäftigt waren.

Zwölf Mann bewohnten die „Magdeburg“ früher. Vier Kabinen mit Doppelstockbetten gab es, eine Kapitänskabine und einen Mannschaftsraum mit Kombüse. Geheizt wurde mit einer Schwerkraftzentralheizung auf Kohlebasis mit dicken Rohren.

Warum die Magdeburg ihren Namen trug

In der DDR benötigte man zur Sicherstellung von Bau- und Wartungsarbeiten auf den weitverzweigten Wasserstraßen schwimmende Unterkünfte.

Anfangs hat man einfach Schleppkähne mit Wohneinrichtungen überbaut. Sie wurden als Wohnschiffe bezeichnet und führten Namen wie Einheit, Aufbau, Pionier oder eben Städtenamen wie Rostock oder Magdeburg. Diese Umbauten wurden in der Regel durch die Schiffsreparaturwerften, wie zum Beispiel in Dresden-Laubegast durchgeführt.

In Leichtbauweise erstellt und modern ausgestattet mit Küche, Bad, Schlaf- und Wohneinrichtungen

DDR-Wohnschiffe

Mit dem Ausbau der Wasserstraßen fertigte man mehrere Großserien. Führend war hier die Oderwerft in Eisenhüttenstadt, die Schubschiffe in so genannte Wohnprahme umbaute. Dieser Typ hieß SWS: In Leichtbauweise erstellt und modern ausgestattet mit dem nötigen Komfort wie Küche, Bad, Schlaf- und Wohneinrichtungen. Die neuen Wohnschiffe waren bald überall auf den Wasserstraßen der DDR anzutreffen.

Ein Typ des Hausbootes auf der Internet-Seite „DDR-Binnenschiffer.de” (über die URL eingebettet)

Weil Anfang der 70er Jahre die Wohnschiffe nun in hohen Stückzahlen fertig gestellt wurden, bezeichnete man die Boote nur mit der Registrier-Nummer 11 . Dann folgte der Kennbuchstabe für den Flottenbereich, zum Beispiel B für Berlin, S für Stralsund oder eben M für Magdeburg.

Nach der Wiedervereinigung wurden die so genannten Wohnprahme an Privatpersonen verkauft. Heute finden sich diese Prahme in unterschiedlichem Erhaltungszustand in Hausbootsiedlungen, beispielsweise in Hamburg und Berlin.

Ein Wohnschiff, das seit 1973 als betriebseigenes Urlauberschiff der (VEB) Oderwerft Eisenhüttenstadt am Prerow-Strom auf dem Darß liegt, wird auch heute noch an Urlaubsgäste vermietet.

Fast direkt daneben liegt ein Wohnschiff, das 1976 in der Schiffswerft Genthin in überwiegender Feierabendarbeit von Werftarbeitern erbaut wurde. Sie schufen sich damit einen betriebseigenen Urlaubsplatz. Auch auf diesem Boot können Sie Urlaub machen.

Was Gunter Gabriel sein Boot wirklich bedeutete

Für Gunter Gabriel war sein Boot nicht nur Wohnort, sondern auch ein Statement. In einem Interview mit SUPERillu sagte er: „Zu meinen Glanzzeiten hatte ich eine teure Spießerwohnung für 5 000 Mark an der Alster. (…) Freiheit ist das Entscheidende. Ich könnte mir inzwischen wieder ein Penthouse leisten, aber ich will davonschippern können. Mein Traum ist Paris (…)”

Freiheit ist das Entscheidende. Ich könnte mir inzwischen wieder ein Penthouse leisten, aber ich will davonschippern können.

Gunter Gabriel
Zu SUPERillu hatte Gunter Gabriel offenbar eine enge Beziehung. Links oben ist ein Ausriß einer Image-Kampagne der ostdeutschen Zeitschrift zu sehen. Foto: Screenshot Netflix-Serie „Das Hausboot”

Viele Erinnerungen hat der Country-Star in seinem Hausboot zurückgelassen. Was damit passiert ist, können Sie in der Netflix-Doku über das Wohnschiff mit Fynn Kliemann und Olli Schulz sehen.

Video: Der junge Jan Böhmermann besucht Gunter Gabriel

Was macht eigentlich Gunter Gabriels Tochter Yvonne K.?

Yvonne K. trat vor der Corona-Pandemie mit der „Die Gunter Gabriel-Remember-Band“ auf. Sie sei mit den Liedern ihres Vaters großgeworden. „Mein Vater holte mich oft bei Konzerten mit auf die Bühne.“ 1973 standen Vater und Tochter mit dem zusammen geschriebenen Gänsehaut-Scheidungs-Lied „Hey Yvonne, warum weint die Mami?“ als Duett auf der Bühne. Damals war Yvonne sieben Jahre alt. „Seine vielen Hits jetzt selbst zu interpretieren ist ein besonderes Gefühl und eine Ehre für mich“, erzählte Yvonne Koch dem Internet-Portal Made-in-Dinklage.de.
Außerdem betreibt sie die Facebook-Seite Gunter Gabriel Germany.

Erklärung: Das ist Fynn Kliemann

Der Unternehmer

Fynn Kliemann ist das Paradebeispiel, wie junge Leute um die 30 heutzutage Unternehmertum begreifen. Fynn Kliemann sieht in sich selbst sein bestes Produkt, das er rundherum und mit allen modernen Marketing-Möglichkeiten vermarktet.

„Ich habe keine Freunde, ich habe Kollegen.”

Fynn Kliemann in „Das Hausboot”

Er selbst sagt in der Netflix-Serie „Das Hausboot”: „Ich habe keine Freunde, ich habe Kollegen.” Seine Geschäftskonzept: Ego-Marketing.

Keimzelle seines immer mehr wachsenden Konzerns ist das „Kliemannsland”, das sich auch als Produzent der Netflix-Serie „Das Hausboot” verantwortlich zeichnet.

2016 hatte er zusammen mit einem Freund einen alten Bauernhof in Rüspel (Landkreis Rotenburg/Wümme, Niedersachen) gekauft. In dem Dorf mit 248 Einwohnern gründete er dann sein Projekt „Kliemannsland”. Das Motto: „Das Kliemannsland: Der freiste Interaktiv-Staat der Welt! Sei wer du willst!”

Posts statt Politik

Patrick Ziob über Fynn Kliemann

„Kliemannsland” ist eine Mischung aus Bullerbü und Republik Freies Wendland. Auf dem Hof sind zahlreiche Projekte entstanden und ein Spaziergang auf der Webseite lohnt: HIER KLICKEN.

Fynn Kliemann ist aber das Gegenteil eines entspannten Hippies. Er ist der Chef, um den sich alles dreht. Er entscheidet, wer ihn umgibt.

Statt um Politik dreht sich alles um Posts und Außenwirkung. Es wird rausgeblasen was das Zeug hält. Auf allen Kanälen. So wird Fynn Kliemann bekannt und kommt zu seiner Berufsbezeichnung „Youtuber”.

In erster Linie sieht sich der 32-Jährige allerdings als Webdesigner, denn darin liege sein eigentlicher Beruf. Zusammen mit einem Freund hat er die Agentur „Herrlich Media” Alles andere seien nur Hobbies, betont Kliemann immer wieder. Er teste nur aus, wie etwas funktioniert…

Video: Der Youtuber

Aber Fynn Kliemann ist noch:

  • Musiker (zwei Alben: „Nie” verkaufte sich 100 000 Mal, „Pop” stieg auf Platz 1 der Charts ein).
  • Schauspieler (Kliemann spielte im Detlef-Buck-Film „Bibi & Tina: Tohuwabohu Total”).
  • Dokumentarfilmer & Dokusoaper ( „100.000 – Alles, was ich nie wollte”, „Die Lieferung”, „Das Hausboot”).
  • Modemacher („fairer“ Textilvertrieb Oderso).
  • Schriftsteller (Buch: Öv Aeöv Eueij).
  • Preisträger (2020 gewann er in der Kategorie „Bester Künstler” den Musikpreis 1 Live Krone).

Der Privatmensch: Das ist Fynn Kliemanns Freundin

Fynn Kliemann wurde 1988 in Zeven, einer 14 000-Einwohner Stadt im Landkreis Rotenburg in Niedersachsen geboren. Er wuchs mit seinen beiden Brüdern und mehreren Pflegekindern auf. Wikipedia: „Kliemann ist Inhaber und Gesellschafter einiger Unternehmen aus den Bereichen Film- und Musikproduktion, Programmierung, Handel und Immobilien.”

Wichtigste Bezugsperson ist dabei seine Freundin Franzi. Die beiden sind seit 16 Jahren ein Paar. Fynn Kliemann im Gespräch mit Hazel Brugger: „Franzi ist meine erste und einzige Freundin (…) Ich habe sie mit 15 kennengelernt”.

Franzi hat bis Anfang 2021 als Filialleiterin bei H&M gearbeitet und dort laut Fynn Kliemann 40 Angestellte geführt, bevor sie in das Projekt „Kliemannsland” mit einstieg.

Erklärung: So funktioniert Netflix

  • Netflix ist mit 204 Millionen zahlenden Mitgliedern in über 190 Ländern der größte Streaming-Entertainment-Dienst weltweit und bietet Zugriff auf eine große Auswahl vielfältiger Serien, Dokumentationen und Spielfilme in zahlreichen Sprachen.
  • Mitglieder können die Inhalte jederzeit, überall und mit fast jedem beliebigen internetfähigen Endgerät unbegrenzt streamen, ohne dauerhafte Verpflichtungen einzugehen.
  • Die Wiedergabe der ausgewählten Titel kann dabei ganz ohne Werbeunterbrechungen jederzeit gestartet, unterbrochen und fortgesetzt werden.

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